Treppenhaus

Salon kontrovers: Briefe – schreiben und lesen

Konzeption: Ruthard Stäblein

Briefe © Pixabay

Zur Reihe


Wer schreibt im Zeitalter von SMS, E-Mail und WhatsApp noch Briefe? Und wer kann und mag diese häufig aus vorgefertigten Textbausteinen bestehenden Netz-News noch nach einem Jahr lesen, wenn sie nicht eh schon längst gelöscht sind? Spurlos verschwunden!

Über diesen Verlust regte sich die im Jahr 2022 verstorbene Frankfurter Autorin Hanne Kulessa, die noch Briefe und Postkarten sorgfältig mit der Hand schrieb und aufhob, fürchterlich auf. Deshalb initiierte sie im Jahr 2014 mit dem und für das Holzhausenschlösschen diese Reihe, in der Schauspielerinnen und Schauspieler den Briefwechsel von bekannten Autorinnen und Autoren vortragen. Und dabei so etwas wie eine Salonkultur in Frankfurt kreieren. Bei ihrer Konzeption und Auswahl der Briefe legte Hanne Kulessa Wert darauf, dass es sich um Schreiben handelt, die auf Kontroversen beruhen und Kontroversen auslösen. Statt auf Harmoniegesäusel setzte die konflikterfahrene und konfliktfreudige Kulessa auf Streit.

Ihr Erbe war Ruthard Stäbleins Auftrag für die Weiterführung dieser Art von Salon. Stäblein hat lange in Frankreich gelebt. Dort erblühte die Salonkultur gemeinsam mit der Aufklärung im 18. Jahrhundert. Die Debatten, die in den bürgerlichen Salons geführt wurden, schufen die Voraussetzungen für das Zeitungswesen, für die Französische Revolution, für unsere Demokratie. In den Salons entstanden Formen und Foren von Öffentlichkeit, wie der deutsche Soziologe und Philosoph Jürgen Habermas in seiner Habilitationsschrift „Strukturwandel der Öffentlichkeit“ herausarbeitete. In der übrigens schon der Kern seiner „Theorie der kommunikativen Kompetenz“ keimte, die Idee vom „herrschaftsfreien Diskurs“.

Ruthard Stäblein, geboren in Mellrichstadt. Studium der Romanistik, Germanistik, Komparatistik und Philosophie in Berlin, Tübingen, Toulouse und an der Sorbonne in Paris. Danach als Assistent, Lektor und Dozent in Paris und Nancy: Mitglied in der Forschungsgruppe „Culture de Weimar“ an der Pariser „Maison des Sciences de l'Homme“. Publikationen zur Wiener Moderne und zur „Dekadenz“ in verschiedenen Sammelbänden. Herausgeber von „Identitätskrise und Surrogatidentitäten. Zur Wiederkehr einer romantischen Konstellation“ (Campus-Verlag) sowie einer Reihe über Moral seit 1992 in fünf Bänden, erschienen bei Fischer und Insel. Seit 1988 Mitarbeiter des Hessischen Rundfunks, Redakteur für Literatur. Dramaturgische Einrichtung von Hörbüchern wie „Der Mann ohne Eigenschaften“ von Robert Musil; „Atemschaukel“ von Herta Müller; Briefwechsel zwischen Siegfried Unseld und Thomas Bernhard; „Schopenhauer in 100 Minuten“; „Autobiographische Schriften“ von Thomas Bernhard; „Freiheit“ von Jonathan Franzen; „Der Traum des Kelten“ von Mario Vargas Llosa; „Die sterblich Verliebten“ von Javier Marias, „Nietzsche in 100 Minuten“ u.v.a.

Kommende Veranstaltungen



Informationen folgen in Kürze.

Vergangene Veranstaltungen
(in unserer Mediathek)



7. Mai 2025
Trotz Zwist vereint – der Briefwechsel zwischen Thomas Mann und seiner ältesten Tochter Erika Mann

17. März 2025
„Am deutschen Volk rächt sich sein Wahn und Rausch“ – Thomas Manns BBC-Rundfunkreden an „Deutsche Hörer“ von 1940-45

5. Dezember 2024
„Lieber Lamm in der weiten Welt! – Deine unvergeßliche Häsin“. Aus dem Briefwechsel zwischen Thomas Mann und Katia Mann

18. November 2024
Unveröffentlichte Briefe von und an Siegfried Unseld

7. Oktober 2024
Aus dem Briefwechsel zwischen Siegfried Unseld und Wolfgang Koeppen

29. September 2024
Aus dem Briefwechsel zwischen Siegfried Unseld und Thomas Bernhard

16. Mai 2024
„Ich spreche von dem, der mich verhext hat, den ich geliebt habe und über den ich mich unablässig ärgere“ – Briefwechsel zwischen Voltaire und Friedrich dem Großen

29. Februar 2024
„Lieber Papa, es hat mich schon lange niemand 'Schwarzer Teufel' genannt, und das fehlt mir sehr“ – Briefwechsel Sigmund Freud und Anna Freud

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Förderer: Dr. Marschner Stiftung

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